Parasport im Zusammenhang mit Medien und Partnerschaften

Vor eini­gen Jah­ren war es für mich ent­täu­schend, wenn die sport­li­chen Leis­tun­gen von mir oder ande­ren Parasportler:innen in den Medi­en nicht oder nur unzu­rei­chend aner­kannt wur­den. Wäh­rend ich frü­her den Feh­ler meist bei mir such­te, ver­ste­he ich heu­te, zumin­dest teil­wei­se, die Mecha­nis­men dahin­ter. Es ist klar, dass wir eine Rand­sport­art sind, für die sich nicht so vie­le Men­schen inter­es­sie­ren, und folg­lich auch die Medi­en weni­ger dar­über berich­ten. Parasport ist aus ver­schie­de­nen ver­ständ­li­chen Grün­den nicht mas­sen­taug­lich. Ich erklä­re mir das zurück­hal­ten­de Inter­es­se auch damit, dass Sport stark mit Ästhe­tik und einem gewis­sen Unter­hal­tungs­wert ver­bun­den ist. Wäh­rend Sport für Wohl­be­fin­den, Natür­lich­keit, Gesund­heit und Leis­tungs­ver­mö­gen steht, wird eine Behin­de­rung eher mit Miss­be­fin­den, Unna­tür­lich­keit und man­geln­der Leis­tungs­fä­hig­keit asso­zi­iert und erin­nert man­che an ihre eige­ne Ver­letz­lich­keit. Es besteht eine gros­se Dis­kre­panz zwi­schen Behin­de­rung und Unter­hal­tung und der Parasport ver­kör­pert für vie­le auch heu­te noch eher das Gegen­teil von Ästhe­tik, Leis­tung und Show.

Den­noch stel­le ich manch­mal in eini­gen Medi­en ein Miss­ver­hält­nis fest, wie gewis­se Sport­ar­ten, Sportler:innen, Events, Erfol­ge oder Miss­erfol­ge unter­schied­lich beach­tet, gewich­tet oder gar igno­riert wer­den. Das Berich­ten über den Parasport ist zwei­fel­los kei­ne leich­te Auf­ga­be. Bei den vie­len und teil­wei­se schwer zu ver­ste­hen­den Kate­go­rien, in die die Athlet:innen auf­grund ihrer kör­per­li­chen Ein­schrän­kung ein­ge­teilt wer­den, droht man schnell die Über­sicht zu ver­lie­ren, und das alles ist schwer zu ver­mit­teln. Auch sind die Leis­tun­gen selbst für ver­sier­te Journalist:innen oft schwer ein­zu­schät­zen und ein­zu­ord­nen. Und letzt­end­lich kann man es bei den viel­sei­ti­gen Ansprü­chen nie­mals allen recht machen, und es wer­den sich immer eini­ge ver­nach­läs­sigt füh­len. Trotz­dem wäre es falsch, sich aus­schliess­lich kri­tisch zu äus­sern. In den letz­ten Jah­ren hat sich die Sport­be­richt­erstat­tung stark gewan­delt, und es wird ver­mehrt über den Parasport berich­tet. Sicher hat die Digi­ta­li­sie­rung einen gros­sen Ein­fluss, aber auch die Rele­vanz des Parasports an sich und der Wil­le, dar­über zu berich­ten, sind gewach­sen. Beson­ders über die Para­lym­pics wur­de in den letz­ten Jah­ren immer mehr berich­tet, und sie wer­den inzwi­schen teil­wei­se sogar live mit Kom­men­tar über­tra­gen. Das Leis­tungs­ni­veau in vie­len Sport­ar­ten ist in den letz­ten Jah­ren gestie­gen, und sie haben ent­spre­chend an Attrak­ti­vi­tät gewon­nen. Gera­de die Roll­stuhl-Leicht­ath­le­tik wird als sehr dyna­mi­sche, kraft­vol­le und ästhe­ti­sche Sport­art sehr geschätzt, und die action­rei­chen, tak­ti­schen Ele­men­te bie­ten viel Spannung.

Auch die Spra­che der Bericht­erstat­tung hat sich ver­än­dert. Frü­her stan­den die Behin­de­rung und die damit ein­her­ge­hen­de All­tags­be­wäl­ti­gung noch stär­ker im Vor­der­grund. Der Blick wur­de teil­wei­se sogar bewusst in dra­ma­tur­gi­scher Wei­se auf medi­zi­ni­sche Aspek­te gelenkt, um eine «heroi­sche» Geschich­te zu erzäh­len, oft mit einem unsäg­li­chen «Jö-Effekt» als Kon­se­quenz. Dage­gen steht heu­te zum Glück die sport­li­che Leis­tung mehr im Fokus.

Einen Punkt, den ich in der Ver­gan­gen­heit manch­mal etwas bemän­gelt habe, ist der Umstand, dass im Parasport The­men und Resul­ta­te nicht genau­so kri­tisch hin­ter­fragt und dif­fe­ren­ziert betrach­tet wer­den wie bei ande­ren Sport­ar­ten. So beur­tei­le ich es als posi­tiv, dass nach der Ent­wick­lung unse­res neu­en und sehr erfolg­rei­chen High­tech-Renn­roll­stuhls die Fra­ge nach der Fair­ness gestellt wur­de. Ein ande­res Bei­spiel ist die berech­tig­te Fra­ge, ob Bein­pro­the­sen — soge­nann­te Blades — einen Wett­be­werbs­vor­teil gegen­über nicht­be­hin­der­ten Sprinter:innen oder Weitspringer:innen mit sich brin­gen. Sol­che Aus­ein­an­der­set­zun­gen sind zwar nicht immer ange­nehm, gehö­ren aber dazu. Denn eine kri­ti­sche, aber fai­re Bericht­erstat­tung ist Aus­druck dafür, dass man ernst genom­men wird. Den­noch ent­steht zuwei­len der Ein­druck, dass es eine gewis­se Zurück­hal­tung gibt, Men­schen mit Behin­de­run­gen zu kri­ti­sie­ren oder Fra­gen zu stel­len, die ihr Ver­hal­ten oder ihre Ent­schei­dun­gen betref­fen. Häu­fig man­gelt es auch an einem ver­tief­ten Hin­ter­grund­wis­sen und einer fun­dier­ten sowie facet­ten­rei­chen Bericht­erstat­tung. Aller­dings darf ich ver­mehrt fest­stel­len, dass sich eini­ge Journalist:innen sehr um die­se Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen und mehr Tief­gang bemü­hen. Auch wir Parasportler:innen und Sport­or­ga­ni­sa­tio­nen tra­gen eine Mit­ver­ant­wor­tung, Medi­en­schaf­fen­den wich­ti­ge und rele­van­te Infor­ma­tio­nen zur Ver­fü­gung zu stel­len. Dadurch kön­nen wir ver­hin­dern, dass fal­sche oder unvoll­stän­di­ge Infor­ma­tio­nen ver­brei­tet wer­den, und dazu bei­tra­gen, dass die Bereit­schaft zur Bericht­erstat­tung wächst. Künf­tig soll­ten wir anstre­ben, nicht nur in den para­lym­pi­schen Jah­ren mehr Bericht­erstat­tung zu erhal­ten, son­dern auch in den Zwi­schen­jah­ren. Dafür müs­sen wir alle an einem Strang zie­hen. Unser Sport muss und kann noch attrak­ti­ver und ver­ständ­li­cher wer­den, sowohl für Zuschauer:innen als auch die Medi­en. So kann das vor­han­de­ne Poten­zi­al genutzt wer­den, um uns stär­ker zu prä­sen­tie­ren und zu ver­mark­ten. Letzt­end­lich kann sich eine stär­ke­re Wahr­neh­mung in den Medi­en und somit in der brei­te­ren Öffent­lich­keit auch auf poten­zi­el­le Spon­so­ren und Part­ner­schaf­ten auswirken.

Zei­tungs­be­richt Oita Mara­thon, Japan

 

Part­ner­schaf­ten

Ich hat­te das Glück, dass mich schon früh in mei­ner sport­li­chen Lauf­bahn neben Insti­tu­tio­nen auch Spon­so­ren unter­stütz­ten. Es sind teils lang­jäh­ri­ge Part­ner­schaf­ten ent­stan­den. So bin ich mei­nen treu­en Haupt­spon­so­ren Alli­anz Suis­se, Hug­bau, Ort­ho­tec und Jagu­ar Land Rover Schweiz, aber auch den ande­ren Spon­so­ren und Part­nern für die mass­geb­li­che Unter­stüt­zung mei­ner Sport­lauf­bahn sehr dank­bar. Auch unser Ver­band Roll­stuhl­sport Schweiz sowie Swiss Para­lym­pic und die Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Stif­tung sind dan­kend zu erwähnen.

Sicher­lich hat­ten ver­gan­ge­ne und aktu­el­le Spon­so­ren jeweils unter­schied­li­che Moti­ve, mich zu unter­stüt­zen. Eini­ge ver­folg­ten eher sozia­le Aspek­te und betrach­te­ten die Unter­stüt­zung als «Good­will», wäh­rend ande­re auch eine wer­be- und image­tech­ni­sche Chan­ce dar­in sahen. Vor allem wäh­rend mei­ner Anfän­ge war die Unter­stüt­zung aus Good­will-Grün­den mut­mass­lich noch vor­der­grün­dig. Damals genos­sen nur ganz weni­ge Parasportler:innen Bekannt­heit in der Öffent­lich­keit und fan­den auf­grund ihrer Strahl­kraft Spon­so­ren. Dies hat sich zwi­schen­zeit­lich stark gewan­delt, und erfolg­rei­che Parasportler:innen sind zu star­ken Bot­schaf­tern und Wer­be­trä­gern geworden.

Beson­ders in den letz­ten Jah­ren habe ich eine erfreu­li­che Ent­wick­lung in die­ser Hin­sicht sowohl bei mir als auch bei ande­ren erlebt. Bei­spiels­wei­se mit Kam­pa­gnen, bei denen nicht die Behin­de­rung im Zen­trum steht, son­dern der Sport. Beson­ders kommt dies bei Kam­pa­gnen oder Enga­ge­ments zum Aus­druck, an denen Parasportler:innen und nicht­be­hin­der­te Sportler:innen gemein­sam mit­wir­ken und für eine Sache/Produkt stehen.

Ein wei­te­res per­sön­li­ches High­light in die­ser Hin­sicht war die Ent­wick­lung des neu­en Renn­roll­stuh­les mit ver­schie­de­nen Schwei­zer Part­nern. Die Ort­ho­tec AG hol­te dazu die im Sport eta­blier­ten Fir­men Sau­ber und Swiss Side mit ins Boot und ent­wi­ckel­te einen der aktu­ell bes­ten Renn­roll­stüh­le der Welt. Dass ich mit die­sem High­tech­ge­rät seit­her vie­le Erfol­ge fei­ern durf­te, freut mich rie­sig. Eben­so bedeu­tend ist für mich aber auch die pro­fes­sio­nel­le Art und Wei­se der Zusam­men­ar­beit. Für mich als Ein­zel­sport­ler eher unge­wohnt, durf­te ich mit­er­le­ben, wie ein Team von hoch­mo­ti­vier­ten und qua­li­fi­zier­ten Fach­leu­ten gemein­sam an einem Ziel arbeitete.

Inzwi­schen durf­te ich wei­te­re span­nen­de Part­ner­schaf­ten ein­ge­hen und inno­va­ti­ve Wei­ter­ent­wick­lun­gen vor­an­trei­ben. Für mich sind sol­che Kol­la­bo­ra­tio­nen sehr berei­chernd und wer­den hof­fent­lich auch künf­ti­gen Parasportler:innen zugu­te kommen.

Ich darf mich in Bezug auf Medi­en­prä­senz und Unter­stüt­zung sicher­lich zu den pri­vi­le­gier­tes­ten Parasport­lern zäh­len. Ich hof­fe und wün­sche mir, dass künf­tig ver­mehrt jun­ge Parasportler:innen sich eben­falls eine gute Posi­ti­on erar­bei­ten können.

Immer mehr Medi­en und Unter­neh­men erken­nen ihre Ver­ant­wor­tung und set­zen sich aktiv für eine nach­hal­ti­ge För­de­rung von Viel­falt und Inklu­si­on im Sport ein. Parasportler:innen ver­die­nen Aner­ken­nung und Respekt für ihre Leis­tun­gen, unab­hän­gig von ihrer Behin­de­rung. Die gestie­ge­ne Prä­senz und Wert­schät­zung von Parasportler:innen in der Öffent­lich­keit, sei es in den Medi­en oder durch Wer­be­part­ner­schaf­ten, trägt dazu bei, wie Men­schen mit Behin­de­run­gen im all­ge­mei­nen wahr­ge­nom­men und akzep­tiert werden.

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